Bestimmt hast du schon mal von der Gewaltfreien Kommunikation gehört oder diese vielleicht auch schon angewendet.
Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) wurde von Marshall B. Rosenberg entwickelt.
Es basiert auf der Grundannahme, dass das Handeln eines Menschen immer dazu dient ein Bedürfnis zu befriedigen.
Wenn die Strategie, die dazu verwendet wird, dieses Bedürfnis zu befriedigen dabei die Grenzen eines anderen Menschen überschreitet, kommt es zum Konflikt.
Konflikte.
Hier zwei Beispiele:
Das Kind möchte unbedingt noch auf dem Spielplatz bleiben, die Mutter ist durchgefroren und möchte nach Hause.
Das Kind möchte laut trommeln, der Vater möchte aber gerade mal einen Moment Ruhe.
Die Klassiker.
Es gibt 1000 solcher Situationen.
Und du solltest dich darüber freuen!
Freuen? Warum?
Nun, sieh es als Fitnessstudio für deine Kommunikation. Jeder Konflikt ist eine Trainingseinheit 😉
In der Gewaltfreien Kommunikation geht es vor allen Dingen darum, sich auf Augenhöhe zu begegnen.
Kein Bedürfnis ist wichtiger als das eines anderen…. Ob Erwachsener oder Kind.
Es geht um Gleichwürdigkeit.
Ziel der Gewaltfreien Kommunikation ist es, eine gute Lösung für beide bzw. alle betroffenen Personen zu finden.
GFK ist dabei nicht unbedingt leise und kuschelig.
Es geht um Klarheit und Lösungsorientierung.
Die Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation
Ich möchte mit den Basics anfangen.
Aufbau und Struktur.
Die Gewaltfreie Kommunikation besteht aus 4 Schritten.
Die vier Schritte:
1. Meine Beobachtung
Zunächst einmal stellt man fest, was man beobachtet hat. Ohne dies zu bewerten. Was hätte eine Kamera gefilmt?
2. Mein Gefühl
Wie fühle ich mich in dieser Situation? Was für Gefühle löst die Situation in mir aus?
3. Mein Bedürfnis
Was für ein Bedürfnis habe ich eigentlich gerade?
4. Meine Bitte
Was wünsche ich mir gerade? Worum könnte ich mein Gegenüber bitten?
Gewaltfreie Kommunikation formulieren
Bezogen auf die erwähnten Mustersituationen oben, könnte man also folgendes sagen:
„Ich höre, dass du gerne noch hier draußen bleiben möchtest. Ich bin ganz schön ungeduldig, weil ich mich dringend aufwärmen möchte. Sollen wir noch eine letzte Runde ganz hoch Schaukeln und dann so hoch abspringen, dass wir fast vor unserer Haustüre landen?“
„Dein Trommeln ist ganz schön laut. Ich bin deswegen gestresst, weil ich dringend etwas Ruhe brauche. Könntest du bitte in deinem Zimmer weiter trommeln?“
Ich höre schon deinen Einwand:
„Und was ist, wenn mein Gegenüber „Nein“ sagt?“
Auch dann kann man die vier Schritte anwenden:
„Ich verstehe, dass du nicht rein möchtest. Ich mache mir Sorgen, dass ich krank werde, weil ich so durchgefroren bin. Was ist dein Vorschlag?“
„Du möchtest also nicht in deinem Zimmer trommeln. Ich bin ratlos, wie wir die Situation für uns beide gut lösen. Ich brauche dringend etwas Ruhe. Hast du eine Idee?“
Meine Erfahrung ist: Kinder haben oft (sehr oft!) einen guten Vorschlag für eine einvernehmliche Lösung. Wir müssen viel häufiger die Kooperation suchen, anstatt als Eltern alles zu „bestimmen“.
Am Anfang fand ich, dass die Gewaltfreie Kommunikation so unglaublich kompliziert und geschwollen klingt.
Ich hätte mir einige Mustersätze oder einen Spickzettel im Alltag gewünscht. Diesen habe ich mir dann auch erstellt und in der Küche aufgehangen, um mich immer wieder daran zu erinnern. Diesen kannst du dir gerne hier runterladen.
Gewaltfreie Kommunikation nur bei Konflikten? Nö.
Die Gewaltfreie Kommunikation dient grundsätzlich der wertschätzenden Kommunikation.
Man kann auch positive Gefühle benennen und das Bedürfnis dahinter:
„Hey, du hast die Spülmaschine ausgeräumt. Darüber freue ich mich sehr, da mir wichtig ist, dass wir gemeinsam den Haushalt ordentlich halten. Danke.“
Grenzen der Gewaltfreien Kommunikation
Dein Kind will auf eine vielbefahrene Straße rennen. Hier wird natürlich nicht mehr groß überlegt wie man sich jetzt am besten ausdrückt.
Es gibt einfach gefährliche Situationen, in denen schnelles Handeln gefragt ist. Ich denke das ist klar.
GFK. Schön und gut. Aber bleib flexibel.
Müssen es immer die 4 Schritte sein? Meiner Meinung nach, Nein.
Ich finde eine Mischung aus GFK, aktivem Zuhören und Ich-Botschaften gut.
Es gibt so viele tolle Bücher mit den verschiedensten Strategien (GFK, Bedürfnisorientiert, Neue Autorität, Beziehung statt Erziehung….)
Ich habe viel gelesen und nie das eine Supertool gefunden.
Und das ist auch gut so. Denn jeder Mensch, jede Familie muss für sich selber herausfinden was passt.
Ganz toll dazu kann man auch den Redestab (Talking Stick) zur Hilfe nehmen. Darüber habe ich hier einen Artikel geschrieben.
Mögliche Einwände und Fragen
„Aber ich kann doch nicht immer alle Bedürfnisse erfüllen?“
Manchmal prallen einfach verschiedene Bedürfnisse aufeinander und/oder diese können zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt werden. Dies kann man gemeinsam bedauern.
Ich finde es jedoch wichtig, dass man sich überhaupt bewusst ist, welches Bedürfnis gerade vorhanden ist.
„Ist GFK im Job sinnvoll?“
Absolut! Ob Kind oder Erwachsener. Jeder Mensch möchte gesehen werden und wertschätzend behandelt werden.
„Wie finde ich den Einstieg?“
Am Anfang ist es ist hilfreich häufige Konfliktsituationen aufzuschreiben und Mustersätze zu formulieren. Wenn die nächste Situation kommt, bist du vorbereitet. Drucke dir auch gerne meinen GFK-Spickzettel aus.
„Welche Bücher gibts zu dem Thema?“
Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens *
Dich durch mein Herz sehen: Gewaltfreie Kommunikation für Eltern*
Ich will verstehen, was du wirklich brauchst: Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern*
Photo by Gabby Orcutt on Unsplash
*Affiliate-Link: Du bezahlst das Gleiche – und ich erhalte eine kleine Provision von Amazon.